Forschung am CPC-M - Interstitielle Lungenerkrankungen –  autoimmune Prozesse im Hintergrund?

Forschung am CPC-M

Interstitielle Lungenerkrankungen – autoimmune Prozesse im Hintergrund?

Interstitielle Lungenerkrankungen (ILD) - Spielt eine durch Antikörper vermittelte Autoimmunität eine größere Rolle als bisher bekannt?

Das Wissen um die Ursachen und die Entwicklung bei interstitiellen Lungenerkrankungen (ILD) ist noch nicht vollständig geklärt. Sie gelten als überaus heterogenes Krankheitsbild mit lediglich einer Gemeinsamkeit: Es kommt zu einer vermehrten Bindegewebsproduktion - das Lungengerüst vernarbt, die Lungenfunktion der Patienten wird schlechter. Einige Formen der ILD sind derzeit unheilbar und enden oft tödlich. Bei manchen ILD-Erkrankungen kennt man die Auslöser: Medikamente etwa, rheumatische Prozesse oder Asbest. Bei anderen ILD ist die Ursache nicht fassbar, sie werden deswegen „Idiopathische Lungenfibrose“ genannt. Dass bei ihnen autoimmune Prozesse eine Rolle spielen, wurde lange ausgeschlossen. Neuere Erkenntnisse lassen jedoch vermuten, dass auch autoimmune Komponenten, wie etwa eine Antikörper-vermittelte Autoimmunität, einen Teil der idiopathischen Lungenfibrosen verursachen oder zumindest begünstigen könnten.

Antikörper identifizieren und mit spezifischen Therapien „reparieren“

Hier setzt die Gruppe um Dr. Herbert Schiller und Dr. Gabriela Leuschner an. Das Team hat Gewebeproben von Patienten mit fortgeschrittener ILD und idiopathischer Lungenfibrose untersucht und entdeckt: dort finden sich im Vergleich zu gesunden Menschen überdurchschnittlich viele Antikörper produzierende Immunzellen, sogenannte Plasmazellen. Dieses erhöhte Vorkommen von Plasmazellen war signifikant mit einer schlechteren Lungenfunktionen verknüpft – und zwar sowohl in den ILD Patienten mit
bekannter Krankheitsursache als auch in den Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose.

Kunstprojekt Lunge
Kunstprojekt "Lunge" © Michael Haggenmüller

Die Hypothese des Teams ist deswegen:

A)    Es kommt auch in idiopathischen Lungenfibrosen zu einer Überreaktion des Immunsystems, das nun den eigenen Körper angreift und so chronische Entzündungsreaktion begünstigt. Die vermehrte Produktion lungenspezifischer Autoantikörper könnte also an der Verschlechterung von fibrotischen Lungenerkrankungen beteiligt sein.

B)    Man könnte Autoantikörper identifizieren, die ursächlich für eine ILD sind oder diese stark begünstigen. Dann könnte man in der Zukunft versuchen, mit einer spezifischen Therapie (chimeric antigen receptors t cell therapy, CAR-T) T-Zellen so zu programmieren, dass sie die fehlgeleiteten Plasmazellen stoppen. Der Erfolg einer solchen Therapie wurde bereits in dem Mausmodell für die Autoimmunerkrankung Pemphigus (Hauterkrankung) gezeigt. Dafür müssen allerdings krankheitsspezifische Autoantikörper und ihre Unterklassen zunächst exakt identifiziert werden.

© Michael Haggenmüller

Um nun lungenspezifische Autoantikörper aufzuspüren und zu definieren, inwiefern sie die Krankheit beschleunigen, entwickelt das Team um Dr. Schiller und Dr. Leuschner unterschiedliche neue Ansätze. Die Analyse des Proteoms (Gesamtheit aller Proteine) von Autoantigenen und Autoantikörpern im Plasma und die genetische Klassifizierung der Plasmazellen in der Lunge – mit folgenden Schritten:

  • Isolieren von Antikörpern aus dem Blut von Patienten
  • Massenspektrometrische Analyse: Wie binden sich diese Antikörper an Proteine, die aus humanem Lungengewebe isoliert wurden?
  • Plasmazellen aus ILD Patienten und gesunden Kontrollen isolieren und durch Einzelzell-Gensequenzierung genau klassifizieren

So wollen die Wissenschaftler untersuchen, welche Antikörper häufiger bei Patienten mit ILD im Vergleich zu gesunden Kontrollen vorkommen - und inwieweit das Auffinden solcher Antikörper mit einer schlechteren Lungenfunktion oder Überleben einhergeht.  Derartige Versuche sind ein relatives neues Feld in der Forschung zu idiopathischen Lungenfibrosen. Die Wissenschaftler hoffen dadurch, neue therapeutische und diagnostische Möglichkeiten für diese tödliche Krankheit zu finden. Denn: Bei Patienten mit der Autoimmunerkrankung systemische Sklerose und ILD, bei denen das Vorkommen von Autoantikörpern bekannt ist, konnte das Team die Methodik bereits erfolgreich anwenden.

Die weiteren Fragen:

  • Wie verknüpfen wir die identifizierten Autoantikörper-Profile mit den Krankheitsverläufen der einzelnen Patienten?
  • Wie sehen die identifizierten Autoantigene bei Patienten mit schnell fortschreitenden ILD aus?
  • Wie bei langsameren Entwicklungen?

Das Ziel: Die Analysen der Autoantikörper/Antigene sollen möglichst mit Patientendaten, mit Informationen über die Krankheitsverläufe verbunden werden. Außerdem will das Team die Frage beantworten: Können die Profile der analysierten Antikörper anzeigen, wie sich die Krankheit bei welchem Patienten entwickelt? Kann das genutzt werden, um das persönliche Risiko für den Kranken zu definieren und ihn damit künftig zielgerichteter und individueller zu behandeln? Das könnte ein starker Impuls für künftige mögliche Immuntherapien und personalisierte Diagnostik sein.