Forschung am CPC-M - Abstoßung nach Lungentransplantation verhindern

Forschung am CPC-M

Abstoßung nach Lungentransplantation verhindern

Überleben nach Transplantation – schlechter Schnitt für die Lunge

Laura Riederer (links) und Nicole Strobl (rechts)
Laura Riederer (links) und Nicole Strobl (rechts)

Wissenschaftler der DZL-Standorte München und Hannover suchen nach Ursachen und Therapien bei Abstoßungsreaktionen nach Lungentransplantation. Ihr Problem: Das Immunsystem der Lunge ist dabei Segen und Fluch zugleich.

Chronische Lungenschädigungen wie COPD, Mukoviszidose oder Lungenfibrose stellen Mediziner vor riesige Herausforderungen, denn regenerative Therapien gibt es nicht. Nur eine Lungentransplantation kann das Überleben der Patienten sichern. Nach einer erfolgreichen Transplantation entstehen leider oft neue Probleme. Das Immunsystem vieler Patienten reagiert mit Abstoßungsreaktionen auf die neue Lunge. Häufige, zunächst akute Abstoßungen führen im schlimmsten Fall zum Chronischen Transplantatversagen (CLAD, chronic lung allograft dysfunction). Das besonders Vertrackte: Hier sind es einmal mehr die überlebenswichtigen und komplexen Funktionen der Lunge, die genau diese schädliche Entwicklung befördern:

  • Da die Lunge den Gasaustausch erledigt, ist sie ständig mit der Außenwelt verbunden, was das Eindringen von schädlichen Stoffen ermöglicht.
  • Um schädliche Stoffe von außen abzuwehren, ist sie immunologisch extrem aktiv – was leider auch unerwünschte Immunreaktionen verstärkt.
  • Die große Oberfläche der verästelten Lungenbläschen erschwert den Kampf gegen diese unerwünschten Immunreaktionen zusätzlich. 

Die Folge: Bei Patienten mit Transplantationen haben Lungentransplantierte im Schnitt das schlechteste Langzeitüberleben.

ECMO-Lungenmaschine und Infektionen durch Cytomegalievirus

Welche Mechanismen stecken hinter dieser Abstoßung und was kann getan werden, um die Reaktion zu verhindern, mindestens abzuschwächen? Dazu forschen zwei Doktorandinnen am Klinikum der Universität München (LMU) in der Gruppe von DZL-Principal Investigator PD Dr. Gerhard Preissler und Prof Dr. Rudolf Hatz. Das Projekt ist eine Kooperation mit dem DZL-Standort Hannover (BREATH) unter Leitung von Prof. Axel Haverich. 

Die beiden Doktorandinnen Nicole Strobl und Laura Riederer (Foto oben) bedienen sich dabei aus einem gemeinsamen Patienten- und Datenpool von lungentransplantierten Patienten des LMU-Klinikums in München-Großhadern. Ihre Forschungsansätze allerdings beleuchten unterschiedliche Aspekte bei/nach Lungentransplantationen:

ECMO-Gerät
ECMO-Gerät © LMU Klinikum München

Die Biologin Nicole Strobl untersucht die ECMO, die Extrakorporale Membranoxygenierung: Eine Lungenmaschine, die außerhalb des Körpers funktioniert und anstelle der Lunge den Gasaustausch übernimmt.

 

 

Sie wird bei schwersten Lungenschädigungen wie COVID-19 eingesetzt, aber auch kurz vor bzw. während Lungentransplantationen („Bridge to transplant“).

Strobl untersuchte in einer Beobachtungsstudie, welche Folgen ein präoperativer Einsatz für den Patienten hat. Sie fand heraus, dass Patienten mit ECMO vor der Transplantation deutlich weniger Abstoßungsreaktionen erleiden und somit auch das Überleben verbessert war. Möglicherweise hat das ECMO-Gerät eine Art Erholungseffekt auf die Lunge. Das Immunsystem wird nicht so aktiv stimuliert und richtet sich entsprechend nicht gegen sich selbst. Das wiederum verbessert die postoperativen Effekte. In den Patientengruppen ganz ohne ECMO oder mit ECMO „nur“ während der OP war das Ergebnis schlechter. Dort gab es durchaus langfristige Abstoßungsreaktionen.

Aus diesen Beobachtungen ergibt sich die Hypothese: Vor allem bei Patienten mit kritischem/schwierigem präoperativen Verlauf, sollte der Einsatz von ECMO vor der Operation bedacht werden. Für diese Arbeit erhielt Nicole Strobl 2019 den Forschungspreis beim Kongress der Thoraxchirurgen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Cytomegalievierus
Cytomegalievirus in der Lunge (mitte). Quelle: CDC/Dr. Edwin P. Ewing Jr.

Ihre Kollegin Laura Riederer, deren Arbeit ebenso für diesen Forschungspreis nominiert war, ist einem anderen Faktor auf der Spur, der die Überlebenschance von Lungentransplantierten verringert: dem Cytomegalievirus (CMV).    

 

 

Ca. 60% der Allgemeinbevölkerung tragen es unbemerkt in sich. Besonders gefährlich aber wird eine Infektion mit dem Virus für Patienten mit geschwächtem Immunsystem – etwa, wenn nach einer Transplantation die immunologische Reaktion der Patienten zum Schutz vor Abstoßung unterdrückt wird. Die körpereigenen Abwehrzellen setzen sich dann beständig mit dem Virus auseinander, das Immunsystem bleibt stimuliert. Das führt nicht selten zu akut lebensbedrohlichen Erkrankungsepisoden mit klinisch schwerwiegenden Auswirkungen. 

CMV als Förderer von Abstoßungsreaktionen?

Laura Riederer untersucht vor diesem Hintergrund vor allem:
Die Veränderungen verschiedener Immunzellpopulationen, die durch eine Infektion mit CMV bei den Patienten hervorgerufen werden und die Auswirkungen auf den postoperativen Verlauf. Sie stellte fest, dass Patienten mit CMV im Vergleich zu Patienten ohne Viruserkrankung häufiger akute und chronische Abstoßungsreaktionen erleiden und ein schlechteres Überleben zeigen. Im Langzeitverlauf zeigten sich deutliche Veränderungen in unterschiedlichen Zellreihen des Abwehrsystems.

Interessant dabei: Die ersten Infektionen durch CMV traten bei den untersuchten Patienten sehr früh auf, innerhalb von 90 Tagen nach Lungentransplantation. Zelluläre Veränderungen dagegen wurden erst mit einer Verzögerung von neun Monaten sichtbar. Diese Erkenntnisse waren auch Inhalt eines Highlight-Vortrags auf dem DZL-Jahresmeeting Anfang 2020. 
Risikopatienten früher identifizieren und besser therapieren

Die Erkenntnisse aus beiden Studien der Doktorandinnen ziehen wichtige Fragen nach sich: Welche immunologischen Veränderungen sind wesentlich, um Risikopatienten besser identifizieren zu können und die medikamentöse Therapie nach Lungentransplantation zukünftig gezielter einsetzen zu können? Diese Fragen zu beantworten, werden die nächsten Schritte der Lungenforschung auf diesem Gebiet sein. 

Welche Alternativen zur Organtransplantation gibt es? Dazu erfahren Sie hier mehr: https://www.helmholtz.de/gesundheit/alternativen-zur-organspende/