Forschung am CPC-M - Bronchialepithel – Schrankenwärter des Immunsystems

Forschung am CPC-M

Bronchialepithel – Schrankenwärter des Immunsystems

Was passiert bei Allergien oder Asthma auf der Oberfläche der unteren Atemwege?

Neu entdeckte Prozesse im Bronchialepithel geben Hinweise für mögliche Therapien bei allergischen Erkrankungen.

Ob in der Nase, im Magen-Darm-Trakt oder in der Lunge – das Epithel ist die jeweils oberste Schicht unseres Schleimhautgewebes. Es bildet die Schranke, die Einreisekontrolle in Richtung Immunsystem. Das Epithel signalisiert dem Immunsystem, was es mit Eindringlingen machen soll. Erkennt es schädliche Bakterien oder Viren, ist das klare Signal: Bekämpfen!

Allergene aber bringen die Zusammenarbeit zwischen Lungenepithel und Immunsystem durcheinander. Bei an sich unschädlichen Partikeln wie Pollen oder Milbenausscheidungen gibt das Epithel fälschlicherweise das Signal: Bekämpfen! Das Immunsystem kämpft dann gegen Stoffe, die es eigentlich tolerieren soll. Das Ergebnis: Allergien oder Asthma.

Bronchialepithel mit Flimmerzellen
Elektronenmikroskop-Aufnahme des Bronchialepithels mit Flimmerzellen (© Wikimedia, Louisa Howard, public domain)

Das E1/E2-Paradigma - klare Signale vom Epithel

Was genau da im Lungenepithel passiert, das wollte das Team um DZL-PI Dr. Ulrich Zißler am Institut für Allergieforschung (IAF) & Zentrum Allergie und Umwelt (ZAUM) wissen. Die Forscher untersuchten einerseits, was bei Allergikern passiert, wenn Allergene die Epithel-Barriere passieren; andererseits, was bei Gesunden passiert, wenn virale Erreger die Epithel-Barriere passieren. Das Ergebnis:

Bei einem viralen Infekt werden die „richtigen“ Helferzellen gebildet (Th1), die nun gegen die Krankheitserreger vorgehen. Bei Allergenen aber programmieren die T-Zellen die „falschen“ Helferzellen (Th2). Dieser Mechanismus könnte im Atemwegsepithel der Startpunkt für die fehlgeleitete allergische Antwort sein. Und: Bleibt eine Regulierung aus, wird der Fehl-Mechanismus chronisch. Das Asthma oder die Allergie verschlimmert sich.

Eine erste wichtige Erkenntnis, sagt der Direktor des ZAUM, Prof. Carsten Schmidt-Weber, die das Lungenepithel ins Zentrum der Entstehung von Allergien rückt:

„Bisher war das Th1/Th2-Paradigma nur auf die T-Zellen beschränkt, nun konnten wir das Konzept auch auf die Epithelzelle erweitern - das E1/E2-Paradigma. Der von uns gefundene Mechanismus über Epithelzellen eröffnet eine tiefere Sicht auf die Komplexität der Immunantwort und bietet neue Ansatzpunkte für die Entwicklung von Therapien bei allergischen Erkrankungen“.

Die Atemwegsoberfläche, das Lungenepithel, könnte also ein Ziel für zukünftige Asthma-Therapien sein. In klinischen Studien wird bereits ein Inhalations-Verfahren getestet, das die Bildung der Th2-Zellen reduziert.

Hyposensibilisierung – Helfer der Helferzellen im Epithel?

Grafische Darstellung: Anti-entzündlicher Mechanismus im Bronchialepithel durch erhöhtes Secretoglobin bei Immuntherapie (rechts) - zum Vergleich ohne Immuntherapie (links)

In einem weiteren Projekt am IAF/ZAUM, gefördert vom Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL), entdeckten die Forscher um Dr. Zißler im Lungenepithel einen neuen anti-entzündlichen Mechanismus. Das Interessante: Er wird von der allergen-spezifischen Immuntherapie (Hyposensibilisierung) ausgelöst.

Die Wissenschaftler untersuchten zunächst das Sputum von Asthma-Patienten - ausgehustete Absonderungen aus dem Lumen der unteren Atemwege. Und stellten fest: Die Immuntherapie aktiviert im Lungenepithel bestimmte Proteine, die Secretoglobine. Diese wiederum lösen im Immunsystem einen anti-entzündlichen Prozess aus. Das Überraschende war, erklärt Dr. Zißler:

“Wir konnten diese Regulation nicht nur in Asthma-Patienten, sondern auch in Heuschnupfen Patienten sehen, die normalerweise Symptome in der Nase, aber nicht in der Lunge haben. Die untersuchten Secretoglobine könnten also ein Frühwarnsystem für ein sich entwickelndes Asthma und neue Ansätze für Therapien darstellen."

Die Forscher am IAF/ZAUM haben also auch hier eine bislang unbekannte Rolle des Epithels entdeckt: die als anti-entzündlicher Gegenspieler einer allergischen Entzündung. In Zukunft könnte dieser Mechanismus zu inhalativen Behandlungsmethoden führen, die allergische Reaktionen schon im Lungenepithel stoppen; bei der Einreisekontrolle sozusagen und nicht erst, wenn die Schranke schon hochgegangen ist.