Forschung am CPC-M - Was passiert, wenn Lungenzellen alt werden?

Forschung am CPC-M

Was passiert, wenn Lungenzellen alt werden?

Wie genau altern Lungenzellen, warum sind die Lungen älterer Menschen weniger funktionsfähig?

Immer wenn wir ein- und ausatmen, passieren in der Lunge komplexe Dinge: Rund 40 hochspezialisierte Zelltypen wirken zusammen, damit der Gasaustausch einwandfrei funktioniert. Das Team um Dr. Herbert Schiller, DZL-PI und Gruppenleiter am Institut für Lungengesundheit und Immunität (LHI, Helmholtz Munich) und Prof. Fabian Theis, DZL-PI und Direktor des Instituts für Computational Biology am Helmholtz Zentrum München, wollten nun wissen:

Womit haben wir es auf Zellebene zu tun, wenn die Lungenfunktion im Alter schlechter wird? Welche Veränderungen in den Zellen, welche Ungleichgewichte sind zu beobachten und was löst sie aus? Um diese Fragen zu beantworten, haben die DZL-Forscher verschiedene Ansätze kombiniert: 

•    Breit angelegte Genomische Analyse von Einzelzellen
•    Biochemische Untersuchung aller Proteine in der Zelle (Proteomik) 
•    Auf maschinelles Lernen/künstliche Intelligenz basierte Datenanalyse 

Der zellbiologische Ansatz: Mit dem Gensequenzierer analysierten die Forscher die Aktivität von Genen in rund 30 verschiedenen Lungenzellen - in verschiedenen Altersstufen. Die beobachteten Veränderungen wurden dann den von den Genen produzierten Proteinen zugeordnet. 

Hier kam der Ansatz aus der Künstlichen Intelligenz zum Tragen: Die Wissenschaftler um Fabian Theis entwickelten Algorithmen, um die Struktur der Daten und die darin verborgene biologische Steuerung besser zu erkennen. Nachdem die Daten sinnvoll zusammengeführt und interpretiert waren, ergaben sich erste faszinierende Erkenntnisse.

Multiomics Analyse der Lungenalterung
Multiomics Analyse der Lungenalterung
© Helmholtz Zentrum München

Alte Lungenzellen – weniger aktiv und beeinflusst von außen

Mit zunehmendem Alter arbeiten die Gene in den Lungenzellen anscheinend nicht mehr im gleichen, koordinierten Takt, erklärt Herbert Schiller: „Während in jüngeren Lungen die Zellen eines bestimmten Typs ihre Genaktivität genau kontrollieren, ist sie in älteren Lungenzellen weniger konstant“. Dadurch kommt es in Zellen des gleichen Zelltyps zu unterschiedlichen Genaktivitäten – die „Maschine Lunge“ stolpert.

Auch die Epigenetik spielt nach Ansicht der Forscher eine Rolle. Heißt: Einflüsse von außerhalb der Zelle verändern mit zunehmendem Alter die DNA innerhalb der Zelle - und zwar unterschiedlich in einzelnen Zellen. Auch das könnte die Koordination der Genaktivitäten in den Lungenzellen aus dem Takt bringen.

Damit Fachkollegen die Daten frei zugänglich nachvollziehen können, haben die beiden Wissenschaftler ein Webtool gebaut.

Diesen ersten Ergebnissen folgen jetzt in Zusammenarbeit mit internationalen Forschungsverbünden weitere intensive zellbiologische Untersuchungen menschlicher Lungenzellen und deren Auswertung. Ziel ist eine komplette Kartierung der Lungenzellen im Rahmen des "Human Cell Atlas":

Human Cell Atlas – Internationales Projekt zur Kartierung von Zellen

Der Zellatlas der Lunge wird in Zukunft einfließen in den Human Cell Atlas (HCA), eine Art Google Maps des menschlichen Körpers. Dafür werden Zellen und Gewebe zu verschiedenen Zeitpunkten „kartiert“, als Referenzdatenbank für die künftige Forschung und die Entwicklung personalisierter Therapien. Führende Wissenschaftler haben den HCA 2016 gestartet, inzwischen beteiligen sich Forscher aus über 60 Ländern. Herbert Schiller widmet sich im HCA Konsortium speziell den Aspekten rund um die Lunge und hat auch das entsprechende Kapitel im Weißpapier für den Human Cells Atlas mitgeschrieben:

Mehr zum Human Cell Atlas finden Sie hier: www.humancellatlas.org